Prominenten Besuch hatten die Mitglieder des FDP-Ortsvereins Groß-Gerau/Büttelborn am Dienstagabend. Auf dem Hof von Landwirt Christoph Landau sprach die Landwirtschafts- und Umweltpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Wiebke Knell, über die Herausforderungen der Land- und Forstwirtschaft. Vor allem Vertreter aus den Reihen der Landwirte im Kreis Groß-Gerau und der Jägerschaft waren gekommen, um an der Gesprächsrunde teilzunehmen.
Der stellvertretende Vorsitzende Jürgen Sulzmann beklagte bei seiner Begrüßung die Probleme der steigenden Bewirtschaftungskosten und den gestiegenen Bürokratieaufwand der Landwirte. Auch die extreme Hitze im Sommer ließ er nicht unerwähnt. „Was die Weinbauern in Rheinhessen aufgrund hoher Oechsle-Zahlen freut, ist für die Landwirte hier ein Problem. Mancher Bauer musste leiden und Noternten durchführen, um seine Verluste in Grenzen zu halten“, so Sulzmann.
Zertifizierung lehnt Politikerin ab
Auch die Vorsitzende des Ortsvereins und Landtagskandidatin Eva-Maria Finck-Hanebuth unterstrich dies und bemängelte, dass die Ausbildung zum Landwirt weniger nachgefragt werde, auch wenn es hier schon immer schwankende Zahlen gegeben hätte. „Dennoch müssen wir uns aufgrund des Aufbaus bürokratischer Hürden und der Versiegelung von immer mehr Bodenflächen fragen, ob wir in Zukunft auch noch Landwirte haben wollen“, gab sie zu bedenken. Sie und einige Besucher beschrieben die Landwirtschaft als generellen Sündenbock der Politik für Umweltprobleme, an deren Ergründung man kein Interesse habe.
Diese Vorlagen nahm Knell gern auf. Die aus dem Schwalm-Eder-Kreis stammende Politikerin betonte, den ländlichen Raum gut zu kennen und auch aus eigener Erfahrung die Probleme der Jäger nachvollziehen zu können. Sie beschrieb die Vorgaben der Jagdverordnung als teilweise widersprüchlich und schwer nachvollziehbar – insbesondere was die Schonzeiten für Waschbären und Füchse angehe – und hörte aufmerksam zu, als Vertreter der Jägerschaft von den Problemen der Jagd auf Schwarzwild berichteten. „Nachtsichtgeräte dürfen wir nicht haben, am Tag müssen wir auf Jogger, Radfahrer, Spaziergänger oder Autos Rücksicht nehmen. Aber wenn es Wildschäden gibt und die Population von Schwarzwild steigt, werden wir zur Kasse gebeten“, lautete ein mit Applaus bedachter Einwand.
Knell beschrieb die Landesregierung als „charismatische Großstadtparteien“, die die Bedürfnisse der Landbevölkerung vernachlässigten und damit einer Flucht in die Stadt Vorschub leisteten. „Landwirte, Jäger und Fischer brauchen keine Gebrauchsanweisung aus einem grünen Ministerium“, befand Knell. Sie kritisierte das zu zögerliche schwarz-grüne Handeln bei Präventivmaßnahmen hinsichtlich der afrikanischen Schweinepest und den falschen, an schleichende Enteignung grenzenden Ansatz des Wasserschutzgesetzes. Auch die Vorgabe in der Forstwirtschaft, eine Zertifizierung nach FSC (Forest Stewardship Council), lehnte die Politikerin ab – auch wenn diese Vorgabe für den Kreis Groß-Gerau aufgrund örtlicher Voraussetzungen nie eingeführt wurde.
Knell beschrieb die Landwirtschaft als eine fortschrittliche und innovative Branche. „Heute kann der Landwirt auf dem Smartphone sehen, was seine Kühe machen, zumindest sofern der Ausbau der Breitbandzugänge im Ländlichen Raum entsprechend fortgeschritten ist. Vor Kurzem war ich in Ostafrika, und da hatte ich besseren Internetempfang in ländlichen Gebieten als hier. Da ist Deutschland eher ein Entwicklungsland“, so Knell.
WEITERE PUNKTE
Weitere Punkte von Knell in ihrer Ansprache: Bürokratie soll abgebaut werden für die Landwirte: „Es kann nicht sein, dass 50 Prozent des Tages für Dokumentation aufgewendet werden müssen.“ Statt Rettungspaketen solle es eine steuerfreie zweckgebundene Risikorücklage für Landwirte geben: „Es wird immer wieder Jahre wie diese geben.“ (arc)
Die Landwirtschaft, Waldbewirtschaft und Umwelt hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Der Mensch als urbaner Stadtbewohner findet Landwirtschaftliche Produkte im Kühlregal, kennt nicht den damit verbundenen Aufwand, noch viel weniger stellt er den Zusammenhang zum Produzenten her. „Kühe sind lila, Strom kommt aus der Steckdose und der Wolf ist ein Kuscheltier.“ Deshalb ist es äußerst positiv, dass sich jetzt die FDP dieser Thematik ohne Scheuklappen angenommen hat.
Die Landwirtschaft muss wieder Qualität herstellen, die Discounter wollen billige Masse. Die Jäger sind gesetzlich zur Hege verpflichtet, die hessische Landesregierung hingegen fördert und unterstützt Prädatoren (Fleischfresser) durch Schonzeiten und bagatellisieren. Die Feldtierarten und Bodenbrüter sind weitgehend verschwunden, das kümmert scheinbar niemand. Die jetzt sichtbaren Ansätze der FDP zeigen den richtigen Weg. Hinterfragen der Ursachen um dann die richtigen Schlüsse zu ziehen.